Das Einsiedler Welttheater - von Thomas Hürlimann
Calderóns El gran teatro del mundo ist als grosses Ganzes überliefert, ohne Bezeichnung von Akten oder Szenen, wie ein antikes Drama. Zählt man die Verse des Grossen Welttheaters aus, wird sichtbar, dass es sich auch in fünf Akte teilen lässt, wie eine Tragödie Shakespeares. Oder in drei Akte, wie eine französische Komödie. Oder, analog zu den sieben Schöpfungstagen, in sieben Szenen.
Ich entschied mich für die Einteilung in sieben Szenen. Sie spielen auf dem Einsiedler Klosterplatz, unter den beiden Türmen mit ihren grossen, blau grundierten Uhren. Ihre Schläge eröffnen und beenden jede Szene. So bestimmt die ruhig kreisende Zeit das Spiel.
El Autor ruft sieben Figuren ins Leben. Eine, die siebte Figur, bleibt reine Möglichkeit, sie realisiert sich nicht. Die andern gehen auf der Bühne der Welt den Gang von der Geburt bis zum Tod. Zum Schluss kehren sie an den Ort ihres Auftritts zurück: Sechs Personen suchen einen Autor. Dies ist Calderóns Handlung, sein Stoff, die Dramaturgie des Welttheaters. Um zu zeigen, dass sie ganz und gar dem Original entstammt, trägt der Autor die Maske Calderóns und spricht seine Sprache. Der Einsiedler Welt kommt das «spanisch» vor.